Vielversprechender Start

Seit Jahrzehnten manifestiert sich die deutsche Wirtschaftskrise im Silvester-Feuerwerk. Ich fürchte, wenn wir uns in Zukunft alle gemeinsam so einbringen, werden wir auch zusammen leer ausgehen. Und was machen wir, wenn die Ukraine dann auch noch den Krieg verliert? Dann ziehen wir uns alle aus und passen auf unsere Sachen auf.
Schauen wir mal nach Berlin: Niemand ist von der SPD so begeistert wie die SPD. Olaf Scholz, der Knirps mit dem Wumms, hält Diskussionen über Panzerlieferungen für „uncool“. Die infantile Sprache belegt: Bei manchen Leuten führt der Lebensweg von der Pubertät direkt in die Senilität. Schuhgröße und IQ sind dann identisch. Immerhin hat die SPD mittlerweile verständnisvoll eingesehen, dass jeder soziale Ausgleich die Reichen beim Reicherwerden stört. Und dass es pure Gier ist, die den Laden am Laufen hält, wird von niemandem ernsthaft bezweifelt.
Allerdings – den Rücktritt der Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bedaure ich sehr. Ihre Bemühungen um Wehrkraftzersetzung waren mir von Anfang an sympathisch: Waffenlieferungen betrieb sie zögerlich, eine Modernisierung der Truppe war ihr kein Bedürfnis, das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für flottes Shopping zu nutzen, kam ihr nicht in den Sinn, und eine Reform des Beschaffungswesens der Bundeswehr hat sie weitgehend vermieden. Ihre kriegerischen Anstrengungen erschöpften sich in der Lieferung von 5000 Stahlhelmen in die Ukraine – sie nannte das ein „ganz deutliches Signal“. Bis zuletzt hielt Frau Lambrecht es für überflüssig, sich die Dienstgrade der Bundeswehr zu merken, aber von den Medien wurde sie nicht als das wahrgenommen, was sie war, nämlich eine echte Pazifistin. Man unterstellte ihr jede Menge Patzer, kommunikative Fehlleistungen, Ausrutscher, mangelnde Souveränität und Ungeschick und erkannte nicht, dass sie nur den Unterschied zwischen Verteidigungs- und Kriegsministerin praktizierte. Schade, dass sie weg ist. Ich hätte es gern erlebt, dass sie die Bundeswehr total ruiniert…
Die Grünen beeindrucken uns immer wieder mit der Vielfalt ihrer Gedanken. Widerspruch von Wahlprogramm und Realität? Abkehr von grünen Grundsätzen bei Atomkraft, Kohlekraftwerken und Waffenlieferungen? Na und? Putin ist Schuld. Die Wähler verstehen das schon, ja, sie erwarten es geradezu von den Grünen. So lügt man sich seinen Opportunismus um in einen demokratischen Auftrag und hat noch Zeit, in Lützerath die Entscheidungsschlacht um das deutsche Klima zu schlagen: Grünes Fußvolk gegen grüne Regierungs-Söldner. Und anschließend retten sie dann gemeinsam den Rest der Welt. Währenddessen solidarisiert sich die deutsche Außenministerin in der Ukraine mit den Opfern der russischen Aggression und fordert weitere Waffenlieferungen. Demnächst, wenn Erdogan Pascha seine türkischen Truppen, seine Luftwaffe und seine deutschen »Leopard 2«-Panzer wieder völkerrechtswidrig und todbringend gegen die kurdische Zivilbevölkerung einsetzt, wird Frau Baerbock ganz gewiss nach Nordsyrien und in den Nordirak fliegen, um sich dort vor Ort mit den kurdischen Menschen zu solidarisieren und auf ihre dramatische Lage aufmerksam zu machen, wie immer begleitet vom schamhaften Schweigen der Nato. Auf diese glaubwürdige Friedenspolitik dürfen wir uns schon heute freuen.
Und sonst? Alles gut.
Die FDP will nach wie vor freie Fahrt für freie SUV-Fahrer. „Wir haben dieses Land gut aufgestellt für den Winter“. Wie gut, kann man an den Tafeln im Land erkennen. Bürgergeld toll, Gasspeicher voll. Wegfall der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse? Es gibt viele schlüssige Argumente dafür, aber Lindner sieht keinen Bedarf. Gut so – er arbeitet tapfer an der Abschaffung seiner Besitzbürger-Partei. Die Linke jedoch will weiterhin in erster Linie Leute vertreten, die nichts zu sagen haben. Die CDU/CSU ist stolz darauf, als staatliches Verfilzungssystem zu gelten, und der Parteitag der AfD war lediglich eine Versammlung bornierter Einzeltäter.
Dass die Politik der verlängerte Arm der Wirtschaft sein soll, erscheint mir immer unglaubwürdiger: Die Wirtschaft müsste sich doch qualifizierteres Personal leisten können…

18. Januar 23


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