SCHWERE WAFFEN
Wer jetzt noch die Vorgeschichte des Ukraine-Krieges analysiert, dem wird schnell unterstellt, er wolle Wladimir Putin helfen. Na gut, dann eben Fakten-Check.
Bundesaußenministerin Baerbock erklärt: „Die Ukraine braucht weiteres militärisches Material, vor allem schwere Waffen“. Falsch. Es ist sehr zweifelhaft, ob die Rüstungshilfen das Leiden in der Ukraine beenden helfen oder eher verlängern. Wahrscheinlich würde der Einsatz schwerer deutscher Waffen in der Ukraine dazu führen, dass die Russen mit noch schwereren Waffen zurückballern, dass es dann noch mehr Opfer geben wird, die, wenn sie noch laufen können, als not-leidende Flüchtlinge ihr Land verlassen. Dringender als Waffen braucht die Ukraine energische Friedensinitiativen.
„Jetzt ist keine Zeit für Ausreden, sondern jetzt ist Zeit für Kreativität und Pragmatismus“, sagt Baerbock. Warum nutzt sie die Zeit denn nicht? Sind schwere Waffen ihr Ausdruck von Kreativität? Militärhilfe für die Ukraine auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro aufstocken – ist das für sie Pragmatismus? Dann hat sie auch von der Philosophie des „Pragmatismus“ keine Ahnung. Welche Ausreden meint sie? Ihre eigenen grünen von früher? Deutschland würde „grundsätzlich“ keine Waffen in Krisengebiete liefern, hieß es noch vor kurzem…
Selten wurde der Denkverzicht der internationalen Politik so deutlich, der Unwille, Unterscheidungen zu treffen, so klar, schon lange nicht mehr war Militarismus so en vogue, und nie gab es eine Diplomatie, die so ohne Argument war wie in figura Baerbock.
Der Intelligenzquotient dieser Frau kann offenkundig von Hand ausgezählt werden, aber der designierte FDP-Generalsekretär begrüßt die Forderungen Baerbocks… Das gönne ich ihr – für eine angeblich fortschrittliche Politikerin kann es nichts Peinlicheres geben als von der FDP beklatscht zu werden.
Man kann den Eindruck gewinnen, der Westen versucht erst gar nicht, den Krieg zu beenden. Im Gegenteil, er steigert ihn, denn endlich hat er den Krieg, den er sich schon lange wünscht. Es ist ein typisch kapitalistischer Krieg zwischen kapitalistischen Staaten, und solchen Staaten ist alles zuzutrauen. Allerdings wäre es wünschenswert und höchst gerecht, wenn es nicht nur den russischen, sondern auch den westlichen Oligarchen an den Kragen ginge…
Die rigide westliche Sanktionspolitik schadet aber nicht den Oligarchen, sondern vor allem den einfachen Leute, deren Yacht bestenfalls in der Badewanne dümpelt: Bei uns steigen die Preise, in Russland wird der Mangel verstärkt, und für die Ukraine ist eine Hungersnot zu befürchten. Also: Wenn Sanktionen und Embargos den dritten Weltkrieg vorbereiten sollen, ok, dann sind diese Mittel durchaus erfolgversprechend. Aber wenn man diesen Weg nicht einschlagen will, was bezweckt der Westen dann damit? Bis sie es erfahren, werden die Bürgerinnen und Bürger, schwankend zwischen Kriegs-Angst und -Euphorie, mit einem 100-Milliarden-Rüstungsprogramm befriedet, das als Erhöhung der Sicherheit verkauft wird…
Ansonsten: militaristische Synapsenversülzung wie schon beim trojanischen Krieg.Drohungen en masse und der Ruf nach Waffen. Traurige Anzeichen von Lernunfähigkeit, Hirnlosigkeit, Gewaltbereitschaft und totaler Phantasielosigkeit. Keine Vorschläge, keine Offerten. Wenn es dem Westen um das Schicksal der bombardierten Menschen in der Ukraine ginge, wenn Mitleid und Fürsorge das Handeln der EU und der Nato bestimmen würden – warum macht man dann kein Angebot? Wir ziehen die Ostflanke der Nato 300 km nach Westen zurück – hört ihr dann auf mit dem Bomben? oder: Wir schließen Rammstein – gebt ihr dann die Krim wieder zurück? Nein. Egal wie viele Menschen dabei umkommen, die Forderungen beider Seiten sind nicht verhandelbar. Bei Kindern nennt man es Trotz.
Die Politiker lassen also weiter morden. Die Armeen verkaufen jedes Gemetzel als militärische Notwendigkeit, die Soldateska nutzt zwanghaft jede Chance, Kriegsverbrechen zu begehen. Der Homo Sapiens ist genetisch wohl eher ein Homo stupidus brutusque, und Deutschland nutzt von altersher jede Gelegenheit, entweder Krieg anzufangen oder wenigstens dabei mitzumachen – allerdings: Der letzte Krieg, bei dem Deutschland auf der Siegerseite stand, ist 150 Jahre her. Vielleicht glaubt Frau Baerbock, sie hätte da was wieder gutzumachen und müsse das deutsche Image aufpolieren…
Wir wollen aber nicht nicht nur meckern: 1878 haben wir auch mal nach Berlin zum Friedenskongress eingeladen: Da beendeten dann die europäischen Mächte ihre Balkankrise und einigten sich auf eine Friedensordnung. Ich empfehle eine Neuauflage!
Ein menschenfreundlicher deutscher Bundeskanzler würde auf so einem Friedenskongress gewiss nicht versprechen, schweren Waffen zu liefern, sondern seinen ganzen Ehrgeiz darauf richten, einen erstklassigen Gastgeber und Moderator abzugeben – er hat das schließlich beim großen Gipfel 2017 in HH schon trainiert….