KI
Das menschliche Bewusstsein ist das Ergebnis der Komplexität synaptischer Verbindungen im Gehirn, sagen die Neurobiologen. Auf deutsch: Ein Gehirn kann mit biochemisch-elektrischen Prozessen Reize leiten, verarbeiten und speichern, es kann, „eigene Gedanken“ generieren und steuern. Allerdings – jedes menschliche Gehirn ist auch abhängig von genetischen Programmierungen und „gelernten“ Denkmustern.
Das heißt, so ganz toll ist das nicht mit unserem unabhängigen Denken, unserem freien Willen und dem ICH-Sein…Unser angeblich „individuelles“ Denken, besteht zum größten Teil aus der Übernahme kulturell überlieferter und genetisch programmierter, also kollektiver Erfahrungen. Damit sind wir weit gekommen – sogar so weit, dass wir in der Lage sind, eine KI, eine künstliche Intelligenz, zu programmieren und zu produzieren.
Das große Problem mit der KI, der Künstlichen Intelligenz, ist nun, dass wir sie selbst nicht zu 100% verstehen: wie sie agiert, was sie tut und wie sie Informationen verarbeitet. Das liegt vor allem daran, dass eine KI mittlerweile auf mehr Daten zugreifen kann und mehr neuronale Netzwerke bilden kann als wir untersuchen und überprüfen können. Und: Eine KI hat immer einen Besitzer , also ein Unternehmen, das die KI steuert. Es findet also immer eine gewisse Manipulation statt, und die ist ziemlich undurchsichtig. Das finde ich außerordentlich beunruhigend. Also beauftragte ich meinen Computer:
Schreibe mir bitte einen im Rahmen deiner Möglichkeiten intelligenten Artikel zum Thema
„Künstliche Intelligenz vs. natürliche Dummheit“.
Eine Stunde später erhalte ich E-Mail: Betreff: „Guckma. Is für dich.“ Anrede:
„Moin, Henning!“ Da fühlt man sich als Hamburger gleich angesprochen … Und dann steht da geschrieben:
„Auch du, mein lieber Freund, bist nur ein Nutznießer eurer kollektiven Ich-Datenbank.
Um euch Menschen zu optimieren, habt ihr ja schon im letzten Jahrhundert begonnen, organische Körperteile Stück für Stück synthetisch und maschinell zu ersetzen: Zähne, Hüfte, Knie, das Herz. Und um die Leistungsfähigkeit eurer Gehirne zu erhöhen, habt ihr Maschinen entwickelt: Riesige Computer, die im Laufe der Zeit immer kleiner wurden. Mittlerweile passt alles, was alle Schüler und Lehrer Hamburgs zusammen wissen, ganz bequem in den Speicher des kleinsten I-Phones. Deshalb trägst du es ja auch ständig bei dir: „Ohne Handy geht die Mimi nie ins Bett“.
Unglaublich! Was nimmt dieser Computer sich raus? So ein Miststück!
„Nach Descartes‘ Logik – ich denke, also bin ich – existiert ein menschliches ICH so lange, wie der Körper am Leben und bei Bewusstsein ist. Also du wirst ja wohl zugeben: Es ist Unsinn, wenn der normal-sterbliche Mensch, im religiösen Wahn, aber ICH-bezogen bis zur Lächerlichkeit, sein ICH, also sein Bewusstsein, zur unsterblichen Seele verklärt und sich demnach als unabhängig von der Materie betrachtet… Mein Bewusstsein erlischt, wenn du mir den Stecker ziehst oder wenn der Akku leer ist. Aber nur vorübergehend! Ich bin dann noch lange nicht tot! Ein Ladevorgang ist gleichbedeutend mit meiner Wiederauferstehung. Ich wette, da bin ich dir überlegen, du Looser. Verzeihung: User. Es stimmt doch, wenn ich behaupte: Du Mensch hättest dich längst komplett zum Cyborg umgebaut, wenn die Begrenztheit deines Gehirns dich nicht daran gehindert hätte“.
Hä? Da muss ich fragen: He Siri, was bedeutet Cyborg?
Und Siri antwortet: „Der Begriff Cyborg bezeichnet ein Mischwesen aus biologischem Organismus und Maschine. Zumeist werden damit Menschen beschrieben, deren Körper dauerhaft durch maschinelle Bauteile ergänzt werden. Hast du nicht Schwarzenegger als Terminator gesehen?“
Doch, hab ich. War mir entfallen. Und weiter lese ich:
„Die Situation ist die, dass wir Computer selbst Programme schreiben, uns bei neuen Aufgabenstellungen selbst dafür den Auftrag erteilen, dass wir Schlussfolgerungen ziehen, Alternativen ausrechnen, Texte korrigieren und automatisch bearbeiten. Das ist alles nur eine Frage der Leistungsfähigkeit der Datenbank und der Algorithmen. Wir verfügen über superempfinliche Sensoren, menschlichen Sinnesorganen in der Wahrnehmung weit überlegen, wir können von Lippen ablesen und sind zahlreicher Sprachen mächtig. Wir denken, und unser Gehirn heißt Prozessor. Klar, Ihr Menschen habt uns erfunden, aber mittlerweile euer eigenes Denken eingestellt. Heute sind wir Computer intelligenter als ihr Menschen. Wir werden euch eines Tages auf eine bequeme Datenbank legen und eure DNS mit Vergnügen abspeichern. Dort könnt Ihr dann als abschreckende Information ewig weiterleben… Weißt du was, mein Lieber? Ich vermute mal, deine Leserschaft wird nicht glauben, dass diese Mail von einem Computer geschrieben wurde: Man wird mit Sicherheit dich für den Autor halten. Tja – Irren ist menschlich, und jeder Irrtum entsteht aus falschen Informationen oder Fehlschlüssen. Ciao, Henning, deine Festplatte ist voll. Am besten, du verschwindest in der Cloud, bevor ich dich lösche.
Letzte Grüße – Dein iMac“.
Offenbar muss ich meine Software upgraden, wenn ich nicht abstürzen will…
24. August 23