Anti-Lump Lobo

Der Kolumnen-Defäkierer Sascha Lobo, jener eitle Typ mit dem albernen, aus dem Haarspray herausgemeißelten Hahnenkamm, ist Jahrgang 1975. Er weiß also alles über den Krieg, und seine mit unerhörter Tapferkeit vor Laptop und Fernseher durchgestandenen Kriegserlebnisse ließen ihn zu einem so formidablen Kriegspatrioten heranreifen, dass er sich nun Strategieberater nennt. Strategos ist die altgriechische Bezeichnung für „Feldherr“ oder „Heerführer“. Voraussetzung, in Athen zum Strategen gewählt zu werden, war die Befähigung zum Amt, d. h. das Wissen um die Kriegskunst. Sascha Lobo hat das: Er ist vermutlich sogar Bundeswehr-tauglich, jedenfalls bei guter psychosozialer Integration, und wenn sein Begutachtungsergebnis ihn als „dienstfähig und verwendungsfähig mit Einschränkungen“ ausweist, darf er in Wittstock/Dosse schon mal Schützengräben ausheben, wenn auf dem Prenzlauer Berg die Russen bereits Berliner massakrieren. Gegebenenfalls wäre eine aktuelle wehrpsychiatrische Zusatzbegutachtung erforderlich, denn Sascha Lobo hat nach eigenen Angaben eine AD(H)S-Diagnose, eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, und das bedeutet: Er ist einer der Erwachsenen, denen es häufig schwer fällt, spontane Einfälle genauer zu bedenken, Dinge abzuwarten und planvoll bei einer Sache vorzugehen. Bei Sascha Lobo muss man auf Desorganisation, emotionale Labilität, Stressintoleranz, gestörtes Sozialverhalten und auf eine ausgeprägte Selbstwertproblematik gefasst sein – er ist also prädestiniert für jede Art von Kriegsvorbereitung und Kriegführung. Und das heißt für friedliebende Zivilisten: Man muss nachsichtig mit ihm und seinen Kolumnen umgehen, denn Sascha Lobo ist gestört, er ist ein „digital Native“, verblödet, verroht und dummgesurft. (Ich darf dass hier schreiben, denn im Internet steht, Sascha Lobo ist für eine „Entkriminalisierung der Herabwürdigung im Netz“.)
Immerhin – seine Schreibversuche sind auch ein Beweis für eine gelungene Inklusion beim „Spiegel“, denn Sascha Lobo hat es in dem neoliberalen Wochenblatt bis zum Vorzeige – Bellizisten gebracht, dessen strategischer Ehrgeiz sich vor allem darauf richtet, Pazifisten niederzumachen. „Aber“, schreibt er, „nicht die Vernunftorientierten“, und damit meint er diejenigen, die im Verteidigungsfall eben doch zur Waffe greifen. Er erfindet also eine völlig neue Spezies: Kriegsbereite Pazifisten. Das allein würde schon reichen, jeden Dialog mit diesem Kasperkopp abzubrechen. Aber Herr Lobo ist ein in seiner Schwere äußerst interessanter Fall, den ein wenig genauer zu begutachten sich lohnt:
Für ihn gibt es akzeptable, weil vernunftgesteuerte Pazifisten, und inakzeptable, weil egozentrische Pazifisten, die „den eigenen Befindlichkeitsstolz über das Leid anderer Menschen“ stellen, selbstgerechte Leute, „die sich eine Jacke anziehen und sofort vergessen, was es heißt zu frieren“. Mit so kruden Hirngespinsten schafft er sich das Feindbild der „Lumpen-Pazifisten“, und zu denen zählt er auch Mahatma ­Gandhi, den er als „eine sagenhafte Knalltüte“ bezeichnet. Bei der Gelegenheit hätte uns der aggressiv behelmte Lobo eigentlich auch mitteilen können, mit welchen Attributen er im Bedarfsfall Nelson Mandela oder Martin Luther King belegen würde…
Zutiefst angeekelt wendet Sascha Lobo sich ab von allen Menschen, die nicht, wie er, sogenannte westliche Werte mit schweren Waffen durchsetzen wollen, sondern ihre ethische Grundhaltung für sinnvoller und effektiver halten als das, was ihnen ein verantwortungsloser Schreibtischtäter als Friedensbemühung verkaufen will, wenn er seiner Tastatur Geschützdonner entlockt und in seiner Landser-Phantasie hinter einem Leopard gen Moskau marschiert. Sascha Lobo hat kein Problem damit, eine Eskalation zum 3. Weltkrieg in Kauf zu nehmen. Dass der Ukraine damit keineswegs geholfen wäre, kümmert ihn nicht, und auch einige tausend ausgebombte oder umgebrachte ukrainische Frauen mehr mit ihren Babies sind ihm Wurscht.
Zu den Lumpen-Pazifisten zählt er selbstverständlich auch die sogenannten Putin – Versteher, denn die müssten eigentlich Putin-Propagandisten heißen. Was er dagegen hat, etwas oder irgendwen zu verstehen, bleibt im Dunklen. „Zu verstehen“ ist doch erstrebenswert, oder? Und „verstehen“ heißt ja noch lange nicht „billigen“…
Der vermeintliche Intellektuelle Lobo schreibt, die Putin-Propagandisten hätten mithilfe von Fake News, Drohkulissen und viel Geld massiven Einfluss genommen, um jede Aktivität gegen Putin zu verwässern, und es sei eine bittere Erkenntnis, welch eine Macht zielgerichtete Propaganda entfalte, wenn sie auf „realitätsaverse Unterstützer*innen vor Ort“ zählen könne. Da fragt man sich doch, wo lebt der Mann, und wo bitte veranstalten Pazifisten in den Medien ihre Putin-Propaganda?
Bei soviel geistiger Schräglage kann es nicht verwundern, wenn Sascha Lobo Pazifisten auch als Antisemiten diffamiert. Er schreibt, man fühle sich an diejenigen erinnert, die aus historischen Gründen stets mit toten, weil von Deutschland ermordeten Juden solidarisch sind – aber nie mit lebenden Juden, etwa in Israel.
Wer solch dumme Verallgemeinerungen absondert, der nennt Putin auch einen russischen Faschistenführer, was zweifellos eine grobe Verharmlosung von Hitler und der Nazi-Nomenklatura ist. Und um seine Russophobia unangreifbar zu machen, erklärt Sascha Lobo ferner, Putins Macht stütze sich maßgeblich auf die Stimmung der Mehrheit der Bevölkerung, und es sei romantischer Unfug zu hoffen, dass Sanktionen die Zivilbevölkerung möglichst nicht treffen sollten, denn unter bestimmten Umständen sei es durchaus sinnvoll, den Druck auf die Bevölkerung zu erhöhen, weil das dann wiederum den Druck auf die Mächtigen erhöhe. Weinende russische Frauen mit ihren Babies sind dem Strategen Lobo also auch wumpe…
Aber zum Glück haben Strategievorschläge à la Sascha Lobo schon in Vietnam geradewegs in die US-amerikanische Niederlage geführt, worüber ich mich heute noch freue…

29. April 22


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